Türchen 5 (von Christine)

Joachim Ringelnatz

Vom Schenken

Schenke groß oder klein,
aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten die Gabe wiegen,
sei dein Gewissen rein.

Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei,
was in dir wohnt
an Meinung, Geschmack und Humor,
so dass die eigene Freude zuvor
dich reichlich belohnt.

Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
dass dein Geschenk –
Du selber bist.


Das Schenken zu Weihnachten kommt aus dem Christentum. Gefeiert wird die Geburt Jesu, im christlichen Verständnis ein Geschenk Gottes an die Menschheit. Lediglich im Matthäus Evangelium findet sich, dass die drei Weisen aus dem Morgenland (die heiligen drei Könige) dem Jesuskind Geschenke darbrachten (Gold, Weihrauch und Myrrhe). Von gegenseitigem Schenken der Menschen untereinander ist in der Bibel nirgends die Rede. Heute soll es ein Akt der Nächstenliebe und der Wertschätzung sein. Die moderne Form des Schenkens am 24.12 kommt von Martin Luther, der den heiligen Nikolaus von Myra, zu dessen Gedenken sich in der christlichen Welt noch heute am 6. Dezember Geschenke gemacht werden, abschaffen wollte. Mit der Zeit hat sich dieser Brauch vom Protestantismus auch auf den Katholizismus übertragen.

Die Adventszeit war für mich schon als Kind besonders. Ich verbinde mit ihr schöne Rituale aus meiner Kindheit, vor allem die, die ich mit meinen Großeltern erleben durfte. Wenn ich zurückdenke sind es nicht die materiellen Geschenke die mein Herz berühren, sondern die Momente, in denen Beziehung gelebt wurde. Der Mittelpunkt für mich in der Adventszeit und an Weihnachten sind daher noch mehr als sonst die Menschen die mir wichtig sind, und meine Beziehung zu ihnen.

Die Geschenke haben bei mir jahrelang zu Stress geführt. Ich kann mich an Tage erinnern, in denen ich völlig gehetzt von Geschäft zu Geschäft gerannt bin. Auf meiner Liste sammelten sich im Laufe der Zeit immer mehr Personen (Eltern, Geschwister, Onkeln, Tante, die Schwiegerfamilie, Freund*innen…). Noch dazu bin ich ein Mensch, der schlecht im Vorplanen und gut im Aufschieben bis auf den letzten Drücker ist. Dementsprechend stressig und chaotisch sahen meine Tage vor Weihnachten aus. Abgesehen von den Unsummen an Geld, die ausgegeben werden, nur um von den Personen, die man beschenkt, etwas zurück zu bekommen, das ungefähr denselben Wert hat wie das eigene Geschenk (oder im schlimmsten Fall nicht, und dann ärgert man sich noch innerlich…). Insgesamt keine schöne Situation, und eine die ich ändern wollte. Seit einigen Jahren gibt es also von mir kaum materielle Geschenke. Stattdessen überlege ich mir, was ich der Person rückmelden möchte. Warum ich sie toll finde, welche Eigenschaften ich schätze, was ich an ihr bewundere.. und warum sie für mich und mein Leben eine Bereicherung ist. Das hat nicht nur den Stress maßgeblich reduziert, sondern auch zu schönen Gesprächen, zur Vertiefung von Beziehung, und zu Austausch geführt. Für mich fühlt sich jetzt alles viel entspannter an – und die schönen Momente sind mehr geworden.

Jede*r sollte für sich selbst entscheiden, wie der Geschenkebrauch ausgelebt werden soll. Wen der Vorweihnachtsstress aufgrund von Geschenken aber ebenso anstrengt wie es bei mir der Fall war, für den oder diejenige könnte das vielleicht auch ein Zugang sein.

Ich wünsche allen eine schöne Vorweihnachtszeit und ein schönes Fest. Hoffentlich mit Menschen, mit denen ihr eine entspannte und wertvolle Zeit verbringen könnte und wollt.

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