Ode zur Nacht
Der Glocken Abendläuten ist verklungen
Und nur ein schwaches Purpurband
Verkündet wie – zur Früh im Ost entsprungen –
Die Sonne gegen Westen nun verschwand.
Schon ist der Abendstern hinangestiegen.
Da neue Schatten sich an alte schmiegen,
Seh ich den Tag in letzten Lebenszügen
Dahingestreckt am Horizonte liegen.
Das Land ist still in Dunkelheit gesunken,
Unheimlich raunt es heimlich durch den Wald,
Am Teiche drunten rufen schon die Unken
Und zwischen die Gemäuer zieht es kalt.
Die Menschen fliehen nun in ihre Höhlen
Und wärmen sich an ihrer Feuer Schwelen.
Und wo ihnen die echten Feuer fehlen,
Dort stürzen sie sich Brände in die Kehlen.
Und wie die Arbeit ruht, erblühn die Laster,
Der Ausgezehrte hat jetzt bald sein Fett,
Im Wirtshaus spielt er Dame und Canasta,
Zuhause spielt er mit der Frau im Bett.
So leg auch ich mich müde nun darnieder,
Tu ich als Mensch wohl auch nach Menschenweise,
Die Glieder liegen matt, das Herz wird leise
Und wieder gehen die Gedanken auf die Reise.
