Türchen 11 (von Sebastian)

Am frühen Nachmittag des Welttages der Berge

Der Himmel kündigt in einem zarten, blassen Blau einen wunderbaren Tag an, welchen ich gebührend mit einem Besuch des Lieblingsberges meiner Großmutter begehen möchte.
Von meinem Büro aus sehe ich ihn an vielen Tagen in der Ferne ruhig und einladend liegen und heute, am Welttag der Berge, scheint es mir nichts passenderes zu geben als an der eisig frischen Luft die malerische Erhebung zu erklimmen.

Um neben der Kälte, den Bergen und der Erinnerung an meine Großmutter den Tag mit Weiterem zu erfüllen, was mir Freude bereitet, entschließe ich mich, einen kleinen Umweg über den vierten Bezirk zu fahren.

Die blitzblaue Markise ist beim Einbiegen in die Gasse sogleich zu erkennen und bevor man das kleine Geschäfts noch betreten hat, umhüllt einen der Geruch von Schokolade.

Mit dem gewohnt bezaubernden Lächeln werde ich begrüßt und erwische mich sogleich wieder bei dem Gedanken, dass sich wohl mein Verlangen nach Schokolade in den vergangenen Monaten nicht derart gesteigert haben kann und es wohl andere Gründe gibt warum ich jede Woche hier erscheine um gerade nur so viele Tafeln Schokolade und raffinierte Pralinen zu kaufen, dass ich bestimmt nächste Woche wiederkomme.

Die heutige Ausbeute verstaue ich in meinem Rucksack und mache mich, fröhlich vor mich hinpfeifend auf den Weg zum Schneeberg.
Auf dem Parkplatz treffe ich erfreulich wenige Autos an und es liegt die Vermutung einer ruhigen Wanderung nahe.

Die durch die Anstrengung entstehende Hitze im Körper und die Kälte, die sich unter das Hemd schmiegt, halten sich im Gleichgewicht.

Die Beine scheinen über diesen Ausflug sehr erfreut zu sein und leisten besonders gute Dienste. Die Gruppe älterer Damen, die mich überholt, schmälert das Vergnügen in keinster Weise. Auf ihren Jacken, Hauben und Rucksäcken sind allerlei alpinistische Abzeichen zu sehen, wodurch sie sofort als geübte Bergsteigerinnen zu erkennen sind.
Der Gedanke, was sich das Grüppchen bei meinem Anblick denkt, bringt mir ein Schmunzeln ins Gesicht.
Einzig die Bergschuhe verraten, dass ich nicht im Büro falsch abgebogen bin und mich plötzlich auf einem Berg wiederfinde.
Kurz darauf erreiche ich das Gipfelkreuz und suche mir anschließend ein ruhiges Plätzchen, wo die Latschen noch nicht ganz vom Schnee bedeckt sind und ich mich mit herrlicher Aussicht, einem Jausenbrot und einem Stück famoser Schokolade stärken kann.

Um abzuschätzen, wann ich mich wohl zu Hause in Wien in die wohlverdiente heiße Badewanne legen kann, werfe ich einen Blick auf die Uhr.

In diesem Moment kehrt sogleich das Schmunzeln vom Aufstieg zurück und entwickelt sich zu einem voll ausgewachsenen Grinser.

11.12. 13:14
Ich denke an einen bestimmten Freund, dem diese Zahlenfolge sicherlich große Freude bereitet!

Dies löst aus, dass mir gleich ganz viele weitere wunderbare Menschen einfallen, die mich in meinem Leben umgeben und fühle mich in diesem Moment sehr geliebt, selbst wenn ich gerade ganz alleine auf einem eisigen Berg sitze.

Leave a comment