Türchen 24 (von Marcel)

Auf der Suche nach der romantischen Liebe

Bald drei Jahre ist es jetzt her, seit meine langjährige Beziehung beendet und ich in den Topf der Singles zurückgeworfen wurde.

Zuhauf geschenkt bekomme ich, seit ich wieder „auf dem Markt“ bin (auch eine interessante Redewendung), mitleidige Blicke und Worte.

„Wie sieht’s aus?“ oder „Was gibt es neues?“ werde ich regelmäßig gefragt, ob denn nicht die nächste Herzensdame vor der Tür steht.
„Geht es dir gut?” (im Kontext)
„Bist du auch nicht allein?“
„Du wirst schon wieder jemanden finden!“

Gut gemeint (ich weiß!) ist nicht immer gut.

Ja, es geht mir gut! Die Rechtfertigung und der Zweifel, dass es mir auch als Single gut gehen kann, nervt mitunter. Es geht mir grundsätzlich so gut wie noch nie in meinem Leben, mit den normalen Höhen und Tiefen, egal welchen Beziehungsstatus wir haben.

Aber die Gesellschaft hat eine eindeutige Sicht auf die Sache.
Wir sind die Gescheiterten, Suchenden, Übriggebliebenen, Ungeliebten, Verkorksten, Unverkuppelbaren, Kaputten, Zubemitleidenden, einfach der Rest.
Für die Gesellschaft gibt es zwei Zeitrechnungen, die in einer romantischen Beziehung und die ohne romantische Beziehung.

Je länger die erste wird, desto größer wird die Anerkennung.
Je länger die zweite wird, desto größer wird das Beileid, das Unverständnis und irgendwann sogar die Ablehnung.

Wikipedia schreibt über den Single folgendes:
„Als Alleinstehender oder umgangssprachlich auch Alleinlebender oder – als Anglizismus – Single wird eine erwachsene Person bezeichnet, die ohne feste soziale Bindung an eine Partnerin oder einen Partner sowie ohne minderjährige Kinder im Haushalt lebt. Nach dieser Definition sind Alleinerziehende keine Singles. „Alleinstehender“ ist ein statistischer Begriff für Einpersonen-Haushalte, das Attribut „ledig“ eine amtliche Bezeichnung für Personen, die nie verheiratet waren, und „Junggeselle“ eine umgangssprachliche Bezeichnung für denselben Sachverhalt.“

Eigentlich bin ich also ein Alleinerziehender. Ein immer noch offizieller, aber wirklich altertümlicher Begriff, welcher das „gemeinsam Erziehen und getrennt Leben“ überhaupt nicht mit einbezieht. Zudem definiere ich meinen Status nicht über die Erziehung und nicht über meinen Haushalt.

Eine Frage, welche ich mir aber natürlich auch selber stelle, ist, möchte ich Single (ich bleib jetzt bei dem Begriff) bleiben?

Also eindeutig für mich ist, dass ich wieder eine romantische Liebe in meinem Leben haben möchte. Ich vermisse regelmäßige echte Intimität mit einer Partnerin, mit der ich vieles teilen kann und bei der ich mich völlig fallen lassen kann. Ich vermisse auch dieses „Schatz, ich bin zu Hause“-Gefühl, wenn man sich nach einem langen Tag begrüßt, in die Augen schaut und weiß oder besser spürt, jetzt bin ich zu Hause. Freundschaften können bei mir ein ähnliches Gefühl des Ankommens erzeugen und einige Teile übernehmen. Eine freundschaftliche Beziehung ist nicht weniger wert und als Konstante in mancher Hinsicht wahrscheinlich sogar noch wichtiger. Wenn ich Freunde sehe, strahlen meine Augen auch, aber diesem zu Hause Moment wohnt etwas besonderes inne. Ihr kennt ihn bestimmt alle.
Sidefact: Vielleicht ist es auch ein wichtiger Hinweis, wenn er auf einmal in einer Beziehung fehlt.

Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob ich nochmal mit jemanden Zusammenleben möchte. Fast 15 Jahre gemeinsam unter einem Dach zu wohnen, war wirklich schön. Es war heimelig. Es war aber auch anstrengend. Die Zeit war sehr intensiv. Ich spüre jetzt, dass alleine leben auch große Vorteile hat. Es gibt Raum, um zur Ruhe zu kommen und die eigenen Bedürfnisse zu achten. Ich kann zu jedem Zeitpunkt machen, was ich will und muss mich nie rechtfertigen. Nur gegenüber mir. Asozial geil. Alleine leben hat für mich schon lange den Schrecken verloren, welcher er am Anfang hatte. Da steckt eine große Kraft drin, weil ich nie wieder in meinem Leben Angst davor haben muss.

Aber manchmal fühle ich mich alleine und einsam. In diesen Momenten hat das Alleine leben etwas melancholisches. Dann sehne ich mich nach den Kindern oder einem anderen Menschen und spüre die Ruhe als Abwesenheit von Leben. Jedoch habe ich mich in meiner Beziehung oft viel einsamer gefühlt. Man kann auch zu zweit einsam sein, das hat nichts mit dem Beziehungsstatus zu tun. Und alleine leben bedeutet nicht, alleine sein.

Aber gegen das Singledasein habe trotzdem schon einiges versucht. Eigentlich mach ich mir überhaupt keinen Druck, weil ich einfach keinen habe! Und doch schwingt er immer so bisschen mit. Warum ist das so…? Von außen, sozialisiert, weil ich mich insgeheim belüge, intrinsisch, biologisch… ich habe (noch) keine Antwort darauf. Mittlerweile war ich jedenfalls schon auf Tinder, Okcupid und Bumble angemeldet. Ich habe an Speeddating, Slowdating und einigen Veranstaltungen mit latentem Datingcharakter teilgenommen. Ich habe mit sehr vielen Menschen gechattet und mich mit vielen Menschen getroffen. Wir haben zusammen Spaß gehabt und gelacht, wir haben Geschichten ausgetauscht und gemeinsam geweint. Wir waren verknallt und haben uns wieder verlassen, sind gegangen. Ich habe versetzt und verletzt. Ich wurde versetzt und verletzt.

Freundschaften sind geblieben. Und doch würde Flüchtigkeit die Beziehungen dieser Zeit am besten beschreiben. Das gefällt mir nicht, obwohl die Erfahrungen und Geschichten einen immer weiter wachsen lassen.

„Liebe, als wäre dein Herz nie gebrochen“ steht bei mir zu Hause auf einem Poster. Ich habe es im Baumarkt gesehen, irgendein 08/15 Spruch und doch hat er mich vor ca. einem halben Jahr so tief berührt, dass ich in Tränen ausgebrochen bin und das Poster kaufen musste. Nie zuvor habe ich die Kontrolle über mein Leben so verloren und war so verloren, wie nach meiner Trennung. Und obwohl ich nun standhafter und verwurzelter auf dem Boden stehe und glücklicher bin, als jemals zuvor, ist diese Geschichte und diese massive Verletzung nun ein Teil von mir.

Deshalb frage ich mich manchmal, kann ich mich überhaupt noch so richtig Hals-über-Kopf verlieben? Diese Verliebtheit, die einfach darauf los reitet, ohne Gedanken und Fragen. Erinnert ihr euch an das Gefühl? Es ist gleichzeitig beängstigend und unglaublich schön. Ich beneide und bedauere die jungen bzw. anderen Menschen dafür. Ich sehne mich danach und bin doch froh, nicht mehr diesen Kontrollverlust erleiden und so fremdbestimmt sein zu müssen. In der Mitte zu sein, bedeutet eben auch, die Extreme zu verringern. Das ist prinzipiell gut, aber hindert es mich auch wieder in ein positives Chaos zu stürzen? Sofern ich das überhaupt will.

Jedenfalls habe ich schon Menschen verlassen und wurde verlassen, weil ich meiner Partnerin dieses Gefühl nicht geben konnte, mich völlig auf sie einlassen zu können. Und dann frage ich mich, konnte ich es nicht zulassen oder war es einfach nicht da. Hat es auch mit meiner Verletzung zu tun oder einfach mit meiner Erfahrung und meinem Wissen, was ich möchte?

Man/Frau kann nichts erzwingen, das ist klar, aber woher weiß ich den Unterschied zwischen erzwingen und erlauben? Ein Balanceakt aus Kontrolle und Vertrauen.

Es ist ein großer Wunsch von mir, mich einem Menschen wieder völlig anvertrauen und schutzlos zeigen zu können. Ich möchte mich wieder Einlassen, Zulassen und Loslassen. Ich möchte eine Partnerin in meinem Leben haben, die mich nicht nur so nimmt, wie ich bin, sondern mich dafür feiert. Und gleiches möchte auch ich tun.

Und vielleicht ist die Liebe jetzt einfach anders. Sie kommt weniger über diese überwältigende Verliebtheit, sondern über ein echtes Kennenlernen und Vertrauen. Am Ende ist sie aber vielleicht sogar organischer und tiefer.

Nach dem desaströsen Zerfall bis auf die Grundmauern habe ich nach und nach mein Haus wieder hergerichtet. Ich habe sehr viel Arbeit und Liebe hineingesteckt. Das Haus ist sehr schön geworden und ich fühle mich sehr wohl darin. Ich habe die Zimmer für mich, für meine Kinder und meine Freunde eingerichtet, sie sind hell, gemütlich und abwechslungsreich geworden. Ich verweile gerne in ihnen. Ein großes Zimmer steht aber noch leer, die Tür ist meistens geschlossen, weil ich den Raum nicht täglich sehen und immer daran erinnert werden möchte. Manchmal öffne ich die Tür einen Spaltbreit und schaue hinein, oft überkommt mich dann ein Gefühl der Wehmut. Gleichzeitig stelle ich mir aber auch vor, wie es sein wird, wenn dieses Zimmer eingerichtet ist. Und obwohl ich keine Ahnung habe, wie es aussehen wird, bin ich mir sicher, es wird meine kühnsten Vorstellungen übertreffen, weil es nicht von mir eingerichtet wird.

Für das neue Jahr wünsche ich mir zu „Lieben, als wäre mein Herz nie gebrochen“.

Euch alle!

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Und damit war es das schon wieder. Auf Wiedersehen Blogsinn Adventskalender 2023. Danke an alle Türchen für eure wunderbaren Beiträge. Es bedeutet mir so unglaublich viel, von euch dieses Vertrauen zu bekommen, dass ihr euch hier so offen und ehrlich zeigt. Ich finde wirklich, dass wir hier was besonderes schaffen. Klein, aber bewegend und verändernd. Danke natürlich auch an alle Leser:innen, ich hoffe, es hat euch genauso berührt. Frohe Festtage und ein erfüllendes Jahr 2024.

Türchen 23 (von Laurentius)

Samstag 23.12.23

Was für ein schönes Datum der Tag vor dem großen Sonnentag diesmal nicht hat.
Der Tag vor dem Ziel der Adventszeit, wo wir die Rückkehr des Lichts feiern – und das mit möglichst vielen analogen Symbolen: Kunstvolle Beleuchtung auf den Straßen, Licht in den Stuben, Kerzenschein auf den Bäumen, Strahlen in den Herzen, Fülle auch beim Schenken und auf den sich feierlich biegenden Tischen …

Wir feiern diesen Moment der Sonnwende so groß, weil es ohne Licht am Himmel und in den Herzen kein Leben gäbe und der Mensch einst wohl nur überlebte, wenn er kooperierte, seine knapp werdende Ernte des vergangenen Sommers teilte und sich kuschelig gegenseitig wärmte, wie es viele Tiere heut noch tun, wie Pinguine zum Beispiel, Bienen, Marienkäfer und so manches Mäuslein…

An Orten des überfließenden Wohlstandes, wo man das ganze Jahr rund um die Uhr so viel Licht, Wärme und Nahrung haben kann, wie man nur möchte, ist die Vorweihnachtszeit aber oft nur deswegen so dunkel, weil man sich im gewohnten Getriebe keine Pause zu gönnen schafft und zudem auch noch ganz viel für das Fest vorbereiten, einkaufen und einpacken sollte, bis so mancher Tag zur Nacht wird und so manches Herz nicht mehr schafft zu strahlen.

Bei uns zuhause gab es jedes Jahr direkt vor Heiligabend einen Riesenstreit, weil es meiner Mutter alles zu viel wurde, was sie sich für dieses Fest, scheinbar uns Kindern zu Liebe, alles vorstellte.
Oft fragte ich, ob wir nicht auch mal ohne Christbaummord, Geschenkewahnsinn, Hausputzstress und Küchenkollaps, einfach nur mit Kerzen, Thermoskannen und Kletzenbrot zu einem erlesenen Platzerl in der Natur pilgern könnten, um dort zu feiern, wie Josef und Maria es taten?
Niemals wurde diese Bitte in meiner Familie erhört. Immer gab es eine Eskalation direkt bevor wir das Fest der Liebe in Frieden, mit offen strahlenden Herzen feiern sollten, für das wir uns bemüht besinnlich, um einen sterbenden Tannenbaum sammelten, der im Verhältnis zu seiner natürlichen Lebenserwartung gerade einmal so jung war, wie das frisch geborene Jesuskind in der Krippe.

“Oh Tannenbaum II” (Ursprung unbekannt, Arrangement & halber Text v. Laurentius Rainer 2018, 2. Stimme Simone Singh-Sondhi)

Egal wie dunkel und kalt die Nacht – der Morgenstern kündigt bereits an den neuen Tag, die Mondsichel trägt in Ihrem Schoß bereits den Spross neuen Lichts und ihr gottesmütterlicher Umhang breitet sich schützend wie das Himmelszelt über alles Leben dieses Erdenrunds.

23.12.23
Vielleicht dieses Jahr zu mindestens heute nichts mehr erledigen müssen, nur noch sein Herz bereit machen für die Ankunft des Lichts – die Ankunft jedes Herzenslichts all der Perlen, die uns zu wertvollen Zeitgenossen geworden sind, oder es noch werden könnte.
Heute nur kuscheln und teilen was bereits ist – die Stille genießen und staunen.

Geweiht sei diese Nacht und gesegnet all Ihr Lieben!

Türchen 22 (von Sarah)

Das Jahr 2023 geht zu Ende für mich mit einer Warnung fürs Leben. ” Pass auf dich auf ” und dem Gefühl der Dankbarkeit für alle, die für mich da waren. Dankbar durch euch gelernt zu haben Hilfe anzunehmen.

Allen ein schönes Fest. 

“Oma, ich bin müde. So müde von diesem Leben…“

„Nimm deine Müdigkeit, mein Kind, und wickle sie um dich. Wie eine Decke in den kalten Wintermonaten. Die Müdigkeit kommt, um dir ein Nest zu machen, um dich dazu zu bringen, bequeme Kleidung zu tragen, um dich in ihre warme Umarmung sinken zu lassen!” 

“Sie lädt dich ein, dass du in dir selbst bleibst. Zur Ruhe kommst. Ohne Kraft, ohne Gedanken, ohne Taten. Wie der Schnee, der alles bedeckt, um die Welt weicher zu machen, sie befriedet & dämpft, sie vor Lärm zu schützen. Akzeptiere die Flocken deiner Müdigkeit und lass dich ganz von ihr bedecken ihnen.” 

„ Aber ich könnte dort begraben sterben…“ 

„Nein mein Kind stattdessen wirst du wiedergeboren. Wie der Samen in der Erde. Widerstehe deiner Müdigkeit nicht, lehne sie nicht mit tausend Taten, tausend Absichten, tausend Schuldgefühlen ab. Sie will dich nur an die Hand nehmen und führen.“ 

“Du versinkst in der Leere. Genau dort, wo die Quelle jeder inneren Stärke liegt. Sie haben uns gelehrt, stark zu sein, indem wir Widerstand leisten. Aber erst in der Kapitulation entstehen die wahren Helden.“ 

„Ich habe Angst, Großmutter. Was ist, wenn mich die Müdigkeit vernichten wird?“ 

„Mein Kind, du hast keine Angst vor der Müdigkeit, sondern davor, die Kontrolle über dich selbst zu verlieren. Es ist an der Zeit, dass du dich dem Leben hingibst. Und damit gemeinsam die wunderbarsten Kinder hervorbringst: die Früchte deiner Seele!“ 

🌟🙏❤️❤ DANKE für diese weisen, wunderbaren Worte Elena Bernabè

Türchen 21 (von Erdoğan und Nuray)

Teil 1 von Erdoğan

For me personally 2023 was a year in which I struggled with my health. And in that sense it is good that the year ends soon and a new year begins.

I’ve been inspired this year by music. One of the highlights of the year was a concert of Steve Hackett.

In the concert I especially enjoyed the music which he made with Genesis, my all time favorite band. Last year my wife and I went to a Genesis concert.

Since it seems it will be their last concert and I was fortunate to be at one of their concerts in 1978, it was for me the end of an Era.

A poem that also inspires me is by Mevlana Rumi, translated by Coleman Barks.

Don’t worry about saving these songs!

And if one of our instruments breaks,
it doesn’t matter.

We have fallen into the place
where everything is music.

The strumming and the flute notes
rise into the atmosphere,
and even if the whole world’s harp
should burn up, there will still be
hidden instruments playing.

So the candle flickers and goes out.
We have a piece of flint, and a spark.

This singing art is sea foam.
The graceful movements come from a pearl
,
somewhere on the ocean floor.
Poems reach up like spindrift and the edge
of driftwood along the beach, wanting!

They derive
from a slow and powerful root
that we can’t see.

Stop the words now.
Open the window in the center of your chest,
and let the spirit fly in and out.

I hope this will als inspire you. Merry Xmas and Happy New Year for all!

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Teil 2 von Nuray
21. Dezember längste Nacht des Jahres

Der 21. Dezember ist nach alten türkischen Traditionen das Fest des NARDUGAN

Nardugan ist aus dem mongolischen Wort Nar (Sonne) und dem türkischen Wort Tuqan (Dogan) zusammengesetzt. Die Tataren nennen diesen Feiertag Koyash Tuga, den Tag der aufgehenden Sonne. Das Himmelskonzept und einige Bäume gehören zu den alten Glaubensvorstellungen, die für die Türken als heilig gelten und bei den Nardugan-Feierlichkeiten eine wichtige Bedeutung haben.

Der Nardugan-Tag gilt als ein Tag, an dem gemeinsam besondere und kostbare Mahlzeiten aufgetischt werden.

Vor allem wird Granatapfel gegessen und die Körner werden geteilt. Granatapfelkerne symbolisieren Fruchtbarkeit, Wohlstand und Familienzusammengehörigkeit.

Das Nardugan-Fest wird jedes Jahr am 21. Dezember besonders in Bodrum Gündoğan von den Einheimischen in festlicher Atmosphäre gefeiert.

Türchen 20 (von Bernhard)

Bad Taste X-Mas

Zum nahenden Geburtstagsfeste des beschlagenen Wanderpredigers und Instant-Winzers wollen wir uns heute einem wenig beachteten, aber zu du dieser Jahreszeit allgegenwärtigen Thema widmen: Dem schlechten Geschmack. Wie schon Besungener eindrucksvoll bewiesen hat, kann beispielsweise fragwürdige Schuhmode zu Stigmatisierung führen. Zur Weihnachtszeit jedoch gehört der optische Griff ins Klo sogar zum guten Ton. Den ultimativen Guide, wie du stilecht durch den Dezember kommst, findest du nur hier:

Ein No-Brainer ist die Musikwahl. Jeder noch so unbedeutende Schlagerinterpret hat schon sein Weihnachtsalbum rausgebracht, und nicht nur der, selbst ein Bob Dylan hat sich von seiner Plattenfirma – so wie einst der Jubilar – aufs Kreuz legen lassen und seinerseits ein derartiges Machwerk auf den Markt gebracht. Und selbst bei ihm dreht sich bei der Konsumation besagter Langspielplatte der Magen um. Das geht durch Mark und Bein, so wie hebräische Hunderternägel. Nichtsdestotrotz wenden die Plattenfirmen mit dem Weihnachtsalbenabsatz doch noch ihre drohende negative Jahresbilanz ab.

Ebenso fast schon witzlos ist der dicke Wollpullover, welcher vermeintliche nordische Strickmuster aufweist. Längst zum Gadget verkommen, erhält man solche nur mehr als Massenware aus Bangladesch, meist noch mit einem Schriftzug wie „Merry X-Mas“ eingewebt, um ja nicht in Gefahr zu laufen, dass die Intention verkannt wird, was dies denn darstellen solle. Und von wegen Wolle, vielmehr Polyacrylstyromethcarbonat oder so, die so richtig auf der Haut kratzt. Da kann so eine Dornenkrone schon einmal bequemer sein. 

Beileibe ist das aber nicht das einzige Mode-Gadget, welches schon mehrfach von den Toten auferstanden ist. Der absolute Megaburner ist ein Haarreifen, auf dem ein Plüsch-Elchgeweih befestigt ist. Absolut stichsicher ist man unterwegs, wenn dieses Elchgeweih so wenig wie möglich wie ein Elchgeweih aussieht, sondern höchstens wie ein verkrüppeltes Rudiment dessen. Das Wort Rudiment hat übrigens nichts mit Rudi, dem Rentier zu tun. Aber wenn du so wie ich Elche und Rentiere durcheinander bringst, bist du auf der sicheren Seite.

Beim Fenster- und Außenschmuck vertraue auf die Kraft der Elektrizität. Deine Wohnung sollte so grell leuchten, sodass sie jedem Nimbus noch so erleuchteter Heilande potenziell die Show stiehlt. Setze in der Farbwahl der LED-Leuchten möglichst auf Variabilität und verzichte keinesfalls auf eine Relais-Schaltung. Es soll so auffällig blinken, dass sich die ganze Nachbarschaft mit Schaum vorm Mund am Boden wälzt und zuckt.

Zu guter Letzt darf der Weihnachtsbaum nicht fehlen. Du denkst jetzt bestimmt an so eine abgesägte Jungtanne aus dem Kiefernwald. Um stilistisch garantiert daneben zu greifen und zusätzlich dem Waldsterben entgegenzuwirken, hol dir lieber eine Attrappe aus Polyfluoridinmethylaminoethylenacrylatin-Harz, die kannst du dann auch nächstes Jahr wiederverwenden. Sie sollte auch so wenig wie möglich wie ein echter Tannenaum aussehen. Wenn die Nadeln möglichst dick sind und auch noch neongrün fluoriszieren, hast du alles richtig gemacht.

Wenn du diese Ratschäge befolgst, wirst du garantiert von der Geschmackspolizei gegeißelt und gekreuzigt werden, ehe der Hahn dreimal kräht. Ich wünsche dir schlechtes Gelingen.

Türchen 19 (von Cimo)

Akzeptieren > Verstehen

Die hohe Kunst ist es seinen Liebsten Akzeptanz zu schenken und ihnen zur Seite zu stehen. Der Versuch Menschen/Umstände immer zu verstehen bzw. Anderen den Eindruck eines Verständnis zu vermitteln führt zu beiderseitiger Frustration. Oft sind die Motive rational nicht erklärbar und die Frage des Warums lässt sich nicht befriedigend beantworten.

Ich versuchte viel zu oft die Reaktionen zu verstehen, daweil ist ein aktives Zuhören und deinem Gegenüber das Gefühl von Akzeptanz zu geben viel Gewinnbringender. Nehmen wir uns die Zeit unsere Frau/Freundin, Kinder, Eltern und Geschwistern zu zuhören! In unseren hektischen Zeiten hat man es bei den vielen Eindrücken und Ablenkungen verlernt zu zuhören und sich auf ein Gespräch bzw eine Person einzulassen. Ein unaufrichtiches Verständnis schadet mehr als es hilft besonders wenn deine Mitmenschen diese Empfindung haben.

Besonders auch die eigenen Kinder wollen gehört werden und ringen um Akzeptanz.

Türchen 18 (von Kathrin und Thomas)

Beide haben wir in den letzten Wochen Verluste erlebt, Thomas sicher den deutlich schwereren. Manche Menschen können keine Musik hören (oder machen) wenn sie traurig sind. Wir haben gemerkt, dass sie uns guttut. Vor allem, gemeinsam mit anderen zu musizieren, tut uns gut. Und so hatten wir tatsächlich eine gute, fast ein bisschen ausgelassene Zeit wir vier (Thomas, seine Gitarre, meine Laute und ich), an der wir Euch gerne ein wenig teilhaben lassen.

Türchen 17 (von Jasmin)

Mutter, Haushalt, Lebenspartner und???

Im letzten Jahr habe ich darüber geschrieben, dass 2022 bei mir ganz im Zeichen der Selbstachtsamkeit & Selbstfindung stand und auch in diesem Jahr ging die Reise weiter und auch jetzt befinde ich mich immer noch nicht am Ziel. 

Doch mein diesjähriges Türchen richtet sich an alle Frauen, die sich nur noch in der Rolle Mutter, Haushalt, Lebenspartner sehen bzw. in diese Schubladen gesteckt werden, was in vielen Gesprächen der letzten Monate immer wieder zum Ausdruck kam.

Überlege dir doch bitte: Welche Rolle hast du noch? Fällt dir keine weitere ein? Dann helfe ich dir gerne auf die Sprünge:

Wie wäre es mit dir selbst als Rolle?

Genau diese Rolle verlieren Frauen häufig, wenn sie Mütter werden. Der ganze Alltag dreht sich nur noch um das Kind, die Familie und den Haushalt. Wenn dann auch wieder das Berufsleben dazukommt, sind alle 24 Stunden eines Tages durchgetaktet. Der Familie soll es gut gehen, das Zuhause muss perfekt aufgeräumt und geputzt sein, ein Essen soll zum Abend auf dem Tisch stehen und auch im Job gibt es Deadlines für diverse Projekte, die eingehalten werden müssen. Wenn dann noch etwas freie Zeit übrig bleiben sollte, wird diese mit dem Partner verbracht.

Doch genauso wie du Zeit mit deiner Familie verbringst, hast du das Recht, Zeit mit dir selbst zu verbringen: Sport zu machen, ins Wellness zu gehen oder Freundinnen zu treffen. Denn du bleibst immer noch die Person, die du früher warst. Also nimm dir diese Zeit! Teile die Arbeiten rund um den Haushalt und die Familie mit deinem Partner. Suche das Gespräch, wenn du unglücklich oder ausgelaugt bist.

Denn nur wenn es dir gut geht, geht es auch deinem Kind und deiner Familie gut, weil du in stressigen Situationen dann entspannt und ausgeglichener reagieren wirst.

Also bleib du selbst und sei dir wichtig. Nehme wieder aktiv an deinem Leben teil. Fange doch am besten jetzt in den freien Tagen damit an. Ich drücke dir die Daumen!

Schöne Feiertage
Jasmin

Türchen 16 (von Daniel)

Weihnachtliche Reflexionen: Dankbarkeit in stürmischen Zeiten

Liebe Leserinnen und Leser,

die Vorweihnachtszeit bringt mich in diesem Jahr besonders zum Nachdenken über tiefgreifende Erlebnisse, die mein Verständnis von Vaterschaft und Dankbarkeit entscheidend geformt haben. Alles begann mit dem Versuch, einen Brief zum 70. Geburtstag meiner Mutter zu verfassen. Dabei wurde mir klar, wie sehr das vergangene Jahr von der Sorge um meine zweijährige Tochter geprägt war, die ein CT im Krankenhaus über sich ergehen lassen musste. Dieses Erlebnis öffnete mir die Augen dafür, was es wirklich heißt, Vater zu sein.

Die emotionalen Turbulenzen nahmen ihren Anfang, als meine Frau und ich unsere Tochter ins Krankenhaus bringen mussten. Sie war seit Tagen erkältet, hatte Fieber, stürzte oft und entwickelte ein besorgniserregendes Zucken mit dem Kopf. Tausend Fragen schwirrten mir durch den Kopf: Wird das Zucken bleiben? Hat sie sich beim Hinfallen am Kopf verletzt? Ist es etwas Ernstes?

Als wir in der Kinderambulanz ankamen, waren wir wie betäubt vor Sorge. Die Voruntersuchung durch den Oberarzt ließ nicht lange auf sich warten. Er hörte sich alles genau an und entschied schnell, dass ein CT notwendig sei. In diesem Augenblick, überwältigt von Sorge, wurde mir bewusst, was es bedeutet, Vater zu sein. Später erinnerte ich mich an meine eigene Zeit im Krankenhaus als Kind und wie besorgt meine Eltern um mich waren. Diese Parallelen waren überwältigend und ließen mich die Ängste meiner Eltern nachempfinden.

Die Erleichterung war immens, als sich herausstellte, dass das CT-Ergebnis negativ war. Unsere Tochter musste zwar noch einige Tage im Krankenhaus bleiben, erholte sich aber vollständig. Das Zucken verschwand, und unsere Dankbarkeit wuchs mit jedem Tag. Diese Erfahrung lehrte mich, wie wertvoll Gesundheit und Familie sind.

In diesen besinnlichen Tagen vor Weihnachten denke ich oft darüber nach, wie wir gerade in schwierigen Zeiten den wahren Wert der guten Momente erkennen. Wir lernen, das Leben in all seinen Facetten zu schätzen – sowohl in den stürmischen als auch in den ruhigen Phasen. Diese Weihnachten symbolisieren für mich und meine Familie Hoffnung und Dankbarkeit. Sie erinnern uns daran, wie wichtig es ist, zusammenzuhalten und jeden Moment zu wertschätzen.

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen eine besinnliche Weihnachtszeit. Mögen diese Tage für Euch und Eure Liebsten von Liebe, Frieden und vor allem Gesundheit geprägt sein.

Herzliche Weihnachtsgrüße,

Daniel

Türchen 15 (von Andi)

Lange Tage

Dezember. Die Zeit im Jahr, in der alles ein wenig langsamer wird. Die sich unaufhaltsam weiterdrehende Welt erlaubt uns einen Gang herunterzuschalten. Die Abende werden ruhiger, die Tage kürzer und je näher das Ende des Monats rückt, desto mehr Feiern, desto mehr freie Tage, desto mehr freie Zeit. Weniger Arbeit, weniger Müssen.

Für mich ist das dieses Jahr anders. Diese Tage nun, wo alle schon über Geschenke und Weihnachtsfeiern reden, sich auf die freien Tage freuen und beginnen loszulassen, diese Tage fallen bei mir mit der intensivsten Zeit des Jahres zusammen. Kaum Wochenenden, wenige Feiern und wohl nur wenige Feiertage. Die Welt dreht sich jeden Tag schneller und weiter und immer muss was passieren. Für mich fühlt sich das aber nicht so schlimm an: zum einen findet auch diese Phase wieder ihr Ende, zum anderen kann es ja auch etwas Schönes an sich haben, Dinge fortschreiten und sich entwickeln zu sehen.

Im Idealfall zumindest. Gänzlich anders verhält es sich, wenn der Fortschritt in eine Richtung verläuft, die man eigentlich vermeiden will. Bei einer Krankheit zum Beispiel, wenn diese mit fortschreitendem Verlauf immer schlimmer wird. Dann kann man plötzlich nur mehr zusehen, selbst nicht eingreifen, nur das Schicksal seinen Lauf nehmen lassen. Und so kommt es auch, dass meine Familie und ich momentan in der Gewissheit leben, dass, egal wie schnell sich die Erde heute dreht, sie schon bald für uns für ein paar Tage stehen bleiben wird. Gevatter Tod hat sein Kommen angekündigt. Monate oder Wochen, wir wissen es nicht, wir wissen nur: er kommt und wird mein Elternhaus besuchen.

Aber noch ist es nicht so weit. Noch dreht sich die Welt jeden Tag ein Stück weiter. Ob langsam oder schnell, aber mit genug Zeit für Feiern, genug Zeit für Freunde und für Freude, für Leben. Und auch mit genug Zeit sich daran zu erinnern, jeden Tag mit etwas weniger Müssen und etwas mehr Wollen beginnen zu können. Das Schöne sehen. Dafür sollte immer genug Zeit sein.