Türchen 4 (von Jasmin)

Lange habe ich mir Gedanken gemacht, worüber ich schreiben soll? Sind es die aktuellen Themen wie den Klimawandel, Brexit oder die weltweiten Kriege oder eher Dinge, die wir wirklich beeinflussen können?

In diesem Zusammenhang habe ich mein Jahr 2019 reflektiert: Einen Tag nach meinem Geburtstag im März kam ich mit einer Blutungsgerinnerungsstörung ins Krankenhaus und musste dort fast drei Monate verweilen, weil die Ursache nicht ermittelt werden konnte und jegliche Heilungsversuche scheiterten. Dort habe ich tagtäglich miterlebt, wie Menschen aufgrund einer Krebserkrankung leider oftmals schneller von uns gegangen sind als erwartet. Und obwohl der Arzt mir sagte, dass meine Erkrankung nicht zu unterschätzen sei, hab ich an diesen Tagen immer daran gedacht, dass es den anderen schlechter ging als mir. Nach einigen Untersuchungen wurde bei mir eine fehlerhafte Milz aufgrund meiner erfolgreich überstandenen Krebserkrankung von vor 10 Jahren diagnostiziert und ich musste diese in einer Risikooperation entfernen lassen. In diesen Minuten vor der Operation hat sich meine vergangene Lebensgeschichte in meinem Kopf abgespielt und ich habe enorme Angst bekommen, diesen Eingriff nicht zu überleben. In den Armen meines Mannes kam mir nur der Gedanke, ich habe mein Leben nicht richtig gelebt, bin Mitte 30, habe nur gearbeitet und die Familienplanung nach hinten verschoben. Was ist, wenn ich nicht mehr aufwache? Was macht mein Mann ohne mich? Wie werden meine Eltern und Geschwister dieses Schicksal verkraften?

Ihr fragt euch jetzt sicher, was will sie uns damit sagen? Fakt ist, dass wir unser Leben erst achtsam schätzen, wenn wir krank sind oder mit dem Tod konfrontiert werden. Aber im Endeffekt, kann jederzeit unsere Zeit abgelaufen sein, also lebt!

Für mich war es unbezahlbar, meine Augen zu öffnen und am Leben zu sein. Insofern ist meine wichtigste Erkenntnis: Wir sollten uns glücklich schätzen, wenn wir gesund sind, leben und die Zeit mit unseren Liebsten genießen können. Denn das ist unser teuerstes Hab und Gut, das mit keinem Geld der Welt bezahlt werden kann.

In diesem Sinne wünsche ich eine besinnliche Weihnachtszeit.

Türchen 3 (von Thomas)

Ein Plädoyer für Klimaerwärmung!

Die Eindrücke der beginnenden Adventzeit, insbesondere in den Einkaufsstraßen und Shopping-Malls zeigen für mich wieder einmal, dass die „stillste Zeit im Jahr“ durch hektisches Herumlaufen, versehentliches Rempeln und audiovisueller Reizüberflutung gekennzeichnet sind. Keine Spur von Ruhe und Innehalten. Dies sind jedoch jene Dinge, die ich im Advent am meisten suche, aber am ehesten vermisse.

In diesem immer hektischer anmutenden Treiben gehen auch Menschen am Rande der Gesellschaft, die am Straßenrand um ein paar Euros betteln oder den “Augustin” verkaufen, buchstäblich unter. Blickfang sind nur mehr grelle Reklamen und ein Wildwuchs an Weihnachtsbeleuchtung. All diese Dinge drücken, so finde ich, eine gewisse Rohheit, eine Art sozialer Kälte im alltäglichen Leben aus.

Andererseits habe ich unlängst außerhalb von Wien, mitten in der Natur, zwar einiges an meteorologischer Kälte abbekommen, aber gleichzeitig waren die kurzen Begegnungen der Wandernden von einem herzlichen „Griaß di“ inklusive Lächeln begleitet. Das war für mich ein krasser Kontrast zum vorigen Einkaufssamstag.

Was meine ich nun mit der im Titel erwähnten “Klimaerwärmung”? Das sich zu Ende neigende Jahr 2019 wird als eines der heißesten seit Beginn weltweiter Temperatur-Aufzeichnungen eingehen. 2019 wird auch als ein Jahr wiederauflammender bzw. bestehender Konflikte in Erinnerung bleiben. Das bedeutet einerseits werden die Temperaturen weltweit im Schnitt immer wärmer, in unserer Gesellschaft besteht jedoch oft soziale Kälte.

Im Sinne des Energieerhaltungssatzes wäre es doch super ein oder zwei Grad Celsius aus der Atmosphäre entnehmen zu können und diese Energie in den Aufbau und Erhalt von Solidarität in unserer Gesellschaft zu investieren um so eine Erwärmung des gesellschaftlichen Klimas zu gewährleisten :-).

Türchen 2 (von Alex und Berndt)

The Quest for Passion

Das Video ist als Loop gedacht (rechte Maustaste im Video und “Wiederholen” anklicken), um das immer wiederkehrende Bedürfnis nach Verfolgung von Leidenschaften anzudeuten. Die Katze begibt sich auf ein, für Sie unübliches Terrain und auf eine gefährliche Reise bei der die abschließende Belohnung ungewiss ist, nur um danach wieder erneut auf diese Reise zu gehen.

 

Türchen 1 (von Marcel)

Beinahe ein Jahr ist vergangen seit meiner verzweifelten Abrechnung am 24.12.2018. Dieser Tag war der Höhepunkt eines Gefühls, das schon länger in mir vorhanden war und sich langsam verstärkt hat. Ein Gefühl, welches ich in dieser Form in meinem Leben zuvor noch nicht hatte oder besser gesagt, nicht wahrhaben wollte. Das Gefühl nicht mehr zu können, die Kontrolle zu verlieren.

Generell war 2018 aufgrund verschiedener Ursachen, einige habe ich damals aufgezählt, ein Jahr, welches für mich, meine Ehe und meine Familie zu einer Zerreißprobe wurde. Lebenskrisen, Ehekrisen und damit zwangsläufig Familienkrisen. Ich kann ohne Übertreibung behaupten, dass es mental das schwerste Jahr meines Lebens war.

In dieser Zeit musste ich ein ganz wichtiges Paradoxon begreifen: Schwäche zulassen können, macht stärker! Ich musste lernen, nicht immer stark sein zu müssen. Ich darf mich verletzlich zeigen, darf verzweifelt sein und weinen, ich darf mich lenken lassen, wenn ich den Weg nicht mehr kenne und ich darf mich fallen lassen, um aufgefangen zu werden. Ich darf Kontrolle verlieren und auch bewusst abgeben.

In meinem Leben wollte, nein musste ich stark sein, um mich zu schützen, so wie viele das von uns wahrscheinlich machen. Zudem wird Stärke zeigen (müssen!) leider immer noch als ein männliches Attribut vermittelt, welches vielen meines Geschlechts schon früh sozialisiert wird. Natürlich gilt das auch für Frauen, insbesondere was die Gratwanderung betrifft, nicht die klischeehaften Attribute weiblicher Schwäche zu bedienen und dann aber auf der anderen Seite daher keine Schwäche mehr zulassen zu können. Aber im Fall Schwäche zeigen und zulassen ist es wahrscheinlich besonders für einen Mann aufgrund unserer Sozialisierung wichtig und schwierig zu lernen, dass dies legitim ist. Mehr sogar, dass es für die psychische Gesundheit notwendig ist. Niemand kann immer stark sein ohne negativen Nebeneffekt.

Ich habe eine Kindheit und Jugend gehabt, in der ich einerseits mit viel Liebe von Seiten meiner Familie aufgewachsen bin, aber andererseits nie eine “normale” intakte Familie und leider auch kein positives männliches Vorbild hatte. In dieser Zeit habe ich begonnen ein Schutzschild um mich herum zu bauen, um mich zu beschützen. Dazu kam mein Päckchen, welches wohl jeder Mensch in irgendeiner Form mit sich herum trägt. Mein Päckchen war mein Gewicht, welches ich im wahrsten Sinne des Wortes schon früh mit mir herumschleppte und das sogar optisch ein Schutzschild darstellte. Ich war schon damals ein positiver Mensch und konnte mit Beleidigungen und „Scherzen“ ganz gut umgehen. Aber mein Selbstbewusstsein hat es sehr wohl beschädigt. Das ich hinzukommend noch spät in die Pubertät kam und damit immer 2-3 Jahre jünger aussah, war in Kombination kein gewinnbringendes Duo für meinen Erfolg bei Mädchen. So blieben meine Verliebtheiten lange Zeit unerwidert. Und wenn ich mich auch immer auf meine Familie verlassen konnte, so ist man in diesen Dingen oft völlig alleine. Ich war nicht in der Lage etwas zu sagen, zu weinen und im Hilfe zu bieten. So wurde Bud Spencer zu meiner imaginären Vaterfigur. Auch er war übergewichtig, aber auch stark und unbesiegbar. Er kämpfte immer für die Kleinen und für das Gute, und natürlich gewann er und zeigte sich barmherzig. Und so hat er lange Zeit auch mich mit seiner mächtigen Faust beschützt.

Dieses Schutzschild und die Angst vor Kontrollverlust bzw. verletzlicher Offenheit zu erkennen und abzutragen war viel Arbeit und dauert immer noch an. Sowohl sozialisierte als auch selbst gesetzte Grenzen sind nur langsam zu überwinden. Doch jetzt weiß ich, dass stark sein, nicht heißt, niemals schwach sein zu dürfen, sondern es heißt zu wissen, wann man schwach sein darf, wann man um Hilfe bitten kann und zu akzeptieren, dass man nicht alles alleine schaffen kann.

Schwäche zulassen in der Partnerschaft.
Schwäche zulassen als Vater sowie als Sohn.
Schwäche zulassen im Beruf.
Schwäche zulassen in der Sexualität.
Schwäche zulassen in der Bewältigung des Lebens.

Das Projekt Blogsinn hat mir selbst sehr geholfen, dies zu erkennen, weil ich hier begonnen habe, über Gefühle zu schreiben und mich zu öffnen. Seitdem fühle ich mich freier, ehrlicher und authentischer. Wer weiß, vielleicht habe ich es unterbewusst auch deswegen gestartet?!

Und so darf bzw. soll Blogsinn auch für andere eine Plattform sein, diesen ersten Schritt gehen zu können. Der Adventskalender ist ein Chance dafür.

In diesem Sinne wünsche ich uns einen wunderbaren Blogsinn Adventskalender 2019.