Es war ein volles, reiches, wunderbares Jahr – ein Jahr voller Leben.
Vieles hat mich geprüft, inspiriert, mich wachsen lassen oder war einfach nur schön. Ein Bild hat mich besonders bewegt und – gemeinsam mit dem vor kurzem erlebten Winterspaziergang mit anschließendem Fest bei Freundinnen und Freunden im Garten – zu unten stehendem Gedicht veranlasst. Das Gedicht habe ich vor einigen Tagen geschrieben und das Bild im Juni dieses Jahres auf der Biennale in Venedig aufgenommen.
Beides möchte ich nun mit Euch teilen.

Das Bild stammt von der spanischen surrealistischen Malerin Remedios Varo und trägt den Titel „La Mujer libélula“ („Die Libellenfrau“).
Und drei Sängerinnen, deren Lieder mir immer ein Lächeln auf die Lippen zaubern oder mich vor Ergriffenheit zum Weinen bringen, sind Joni Mitchell, Roberta Flack und Roberta Mameli.
https://www.youtube.com/watch?v=Pbn6a0AFfnM
https://www.youtube.com/watch?v=VqW-eO3jTVU
https://www.youtube.com/watch?v=BNhfMVmRAhk&list=OLAK5uy_mv4YbKMlwkyUJe28idrJqO544XXB0g6gA
Auch diese wunderbaren musikalischen Momente möchte ich mit Euch teilen.
Ich wünsche Euch noch eine (be-)sinnliche und schöne Adventzeit.
Anders als das Bild, hat mein Gedicht noch keinen Titel. Es ließ sich einfach noch kein passender finden. Ich bin für alle Vorschläge offen und dankbar. 😊
„Wir bewegen uns fast lautlos
auf dem bläulich schimmernden Schnee.
Vor uns fällt die Sonne
durch das Fraktal der Bäume,
und unter uns liegt,
in hypnotischer Stille,
der gläserne See.
Wir steigen vorsichtig den Weg hinab
und in den Wald hinein.
Verträumt lassen wir unsere Blicke wandern,
vorbei an schwerem Geäst
und über stummes Gestein.
Alles funkelt still
und bedeckt sich mit Weiß.
Nur im See ruht sanft eine Libellenlarve,
erstarrt unter der schweren Decke aus Eis.
Mit großen Augen blickt sie mich an
und fast hindurch,
durch jede Faser meines fragilen Wesens.
Stumm der Wald, der Boden, der See,
doch von fern – hinter dem kleinen Hain –
vernehmen wir schon Stimmen und fröhliches Sein
Wir gehen beschwingt und immer beschwingter
über den bläulich schimmernden Schnee.
Vor uns endlich das lodernde Feuer
und hinter uns der winterliche See.
Orangeroter Duft dringt aus der Küche im Haus.
Und im Feuer springen die Funken.
Sie fliehen in die dunkle Nacht hinaus
und über uns schüttelt Frau Holle
mit Inbrunst all ihre Decken aus.
Es flockt und fisselt und stobt und schneit,
wie noch nie zuvor in diesem Jahr.
Schneekristalle tanzen fröhlich und zerfließen
gefangen auf Kleidung und Haar.
Kälte, Glitzern und wohliger Rauch,
komm, sagst du,
im Feuer tanzen wilde Gestalten,
komm,
und wir tanzen auch.
Komm, sag ich,
tausend Gedanken drehen sich im Raum,
andere wandern über schneebedeckte Felder,
das Leben fließt aus
und verliert sich im Traum.
Knirschen, Funkeln und orphischer Rauch.
Im Feuer tanzen opake Gestalten,
komm, sagst du,
ich schließe die Augen
und gelbrot schillert mein Hauch.
Reden und Tanzen und Schweigen und Sein.
Fragmente des Tages flimmern im Schein.
Wir drehen uns
und drehen uns
und träumen uns in die Nacht hinein.
Ganz leise vernehmen wir
einen unirdischen Klang
und zwischen all den glitzernden Flocken
ein Flattern und Schwingen,
ein Surren und Schwirren.
Und in all diesen schönen Wirren
begegnet uns
ein Wesen,
elbhaft und klein.
Das flackert und funkelt
und tanzt überm Schnee
Ein Elfchen?
Eine Illusion?
Zu viel Wein?
Oh, sag ich,
es ist die Libelle vom See.
Aus der Metamorphose erwacht –
die Flügel an den schlanken Leib geschmiegt –
blickt sie mich an
und fast hindurch,
durch jede Faser meines fragilen Wesens.
Komm, sagt sie,
und packt mich sanft mit zartem Bein.
Sie schwingt sich hoch
und über dem bläulich schimmernden Schnee
drehen wir uns mit gläsernen Flügeln weit in den Himmel hinein.“