Türchen 4 (von Susanne)

Liebe Blogsinn-Gemeinde!
Zum Thema Resilienz:

Ich habe lang darüber nachgedacht, was ich zum diesjährigen Adventkalender beitragen kann. In den vergangenen Jahren habe ich immer einen visuellen Beitrag gespendet, in diesem Jahr möchte ich mal von dieser “Tradition” abweichen. 
Mein Text wird nicht lang, aber ich hoffe, dass sich ein paar Leser:innen dadurch ein wenig inspiriert fühlen und die bereits erwähnte Hoffnung geweckt wird. Es braucht eine kurze Vorgeschichte: Kritische Zeiten erfordern Maßnahmen, das Wissen wir alle zu gut. Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit hatte ich heuer die Möglichkeit einen Kurs zu Resilienz zu besuchen, um generell zu mehr Gelassenheit zu finden. Wir waren eine online Selbsthilfegruppe und ich bin sehr dankbar für die verbrachte Zeit und das Gelernte.
Heute möchte ich eine “Technik” mit euch teilen, die mir persönlich sehr geholfen hat, einen positiveren Blick aufs Leben zu gewinnen. Nehmt euch jeden Tag bzw. jeden Abend 10 Minuten Zeit und notiert als ersten Schritt was ihr vom Tag loslassen möchtet. Was hat euch genervt? Was ist nicht so gut gelaufen? Dann notiert drei Situationen, Momente, Dinge, die euch den Tag schöner gemacht haben. Es erfordert anfangs vielleicht ein wenig Übung, aber man kann am übelsten Tag noch kleine Wunder finden. Ein netter Gruß, eine kleine Geste, ein Lächeln, Vieles kann unser Leben bereichern. Wir sollten uns nur immer öfter Zeit nehmen, um sich diese keinen Wunder bewusst zu machen. 

Das möchte ich euch gerne mitgeben! Alles Gute!

Türchen 3 (von Carina)

Spätestens wenn die Weihnachtszeit beginnt ist klar, dass der Herbst endgültig hinter uns liegt. Der Wind fegt draußen und wird auch noch die letzten bunten und welken Blätter von den Bäumen fegen. Hier habe ich für euch die letzten Bilder, die ich in diesem Jahr noch vom Herbst einfangen konnte, damit wir uns gemeinsam von ihm verabschieden können, um den Winter endgültig willkommen zu heißen. Ich wünsche euch eine schöne Adventszeit 🙂

Türchen 2 (von Daniel)

Hoffnung

In Zeiten, wo nicht alles eitel Sonnenschein ist (zumal die Sonne zurzeit recht früh unter geht *g*), tut es gut in sich hinein zu hören. Wenn man innerlich in seiner Mitte ist, wunderbar. Wenn man dies einmal nicht ist, kann man sich überlegen, wie man wieder dorthin gelangt.

Allein kann es einem schwer fallen, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen. Insofern tausche ich mich gerne offen mit Familie, Freunden, Kollegen, usw. aus, um deren Umgang und Strategien zu erfahren. Auf meine Frage, wie eine Person mit der aktuellen Situation umgeht, antwortete sie mir mit: „Hoffnung“.

Setzt man das Wort „Hoffnung“ in Zusammenhang mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hilft es positiv nach vorne zu blicken: Welche schönen Dinge liegen vor uns? Was wollen wir gerne machen? Welche Sachen möchten wir beibehalten?

Persönlich habe ich heuer eine Gelegenheit genützt. Madrid war seit Jahren einer meiner Träume. Aus unterschiedlichen Gründen hat es bisher nicht geklappt. Im Spätherbst haben wir spontan ein Zeitfenster genützt und wundervolle Tage in Spanien verbracht. Das Bild veranschaulicht unser aller großen Möglichkeitsraum und steht für ein Highlight dieser kraftgebenden Erfahrung.

Zum Abschluss noch ein weiser Spruch:

Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen:
Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen. (Kant)

Ich wünsche Euch allen Gesundheit, besinnliche Weihnachtstage und ein wundervolles Jahr 2022!

Türchen 1 (von Marcel)

Der Blogsinn Adventskalender geht in sein fünftes Jahr und wieder werden 23 Leute etwas von sich mit uns teilen. Das ist keine Selbstverständlichkeit und dafür bin ich ehrlich dankbar. Unsere Beiträge werden vom 1. bis zum 24. Dezember hier veröffentlicht. Ich freue mich sehr auf die kommenden Wochen, sie sind für mich etwas ganz Besonderes und eure Beiträge Lichtspender in der dunklen Zeit. Viel Spaß euch allen, beim Werken und beim Lesen.

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Ich erinnere mich

Es traf mich völlig unvorbereitet, als die schützende und wärmende Decke über meinem Kopf und meinem Körper verschwand. Plötzlich und erschrocken stand ich da, im eisigen Wind, bei Regen, Hagel und Schnee. Alleine, in der stürmischen Stille.

In meiner Orientierungslosigkeit schaute ich mich um, es war neblig und düster. Alles was ich sah, war karge trostlose Weite und meine Hilflosigkeit. Ich sah keine Zuflucht, ich hatte mir keine gebaut. War es meine titanicsche Ignoranz oder ein naives Sicherheitsgefühl? Panik, Angst und pure Verzweiflung, mit diesen Gefühlen stand ich eine Weile da, waren es Stunden, ein Tag, mehrere Jahre oder vielleicht ein ganzes Leben? Ich weiß es nicht mehr.

Wohin war überhaupt die Decke geflogen und warum konnte ich sie nicht mehr sehen? Würde sie zurückkommen? Die Antwort darauf wurde immer deutlicher, je mehr ich darüber nachdachte: Nein. Und selbst wenn, wäre sie durchnässt und könnte mich nicht mehr schützen.

Ich zitterte immer mehr, der Schmerz drang immer tiefer in mein Innerstes, übernahm die Kontrolle über mich, wurde ich. Es war eindeutig, wenn ich bleiben würde, würde ich das nicht überleben, es wäre mein Ende. Ende, dieses Wort klang nicht unverlockend.

Gedanken überschwemmten mich, aber eine innere Stimme wurde spürbar lauter, es war der Wille, der Wille überleben zu wollen. Irgendwann konnte ich sie nicht mehr ignorieren. Aber was tun? Zuallererst musste ich hier weg. Hier, das war dieser Ort. Er hatte sich auf einmal so sehr verändert. Wie ist er nur so unwirtlich geworden? Es war einmal wunderschön hier, aber ich erkannte ihn nicht wieder. Wieso war mir das vorher nicht aufgefallen? Ist es überhaupt derselbe Ort, ich war mir nicht mehr sicher?!

Wo auch immer ich war, ich musste jetzt weg. Aber in welche Richtung? Es schien mir gleichgültig und ich merkte, egal in welche Richtung ich ging, ich hatte immer Gegenwind. Also ging ich einfach in irgendeine Richtung los, es konnte nicht gefährlicher werden, so viel war sicher. Nur diesen Ort verlassen, hier hinter mir lassen.

Ich weiß nicht, wie lange ich ging, es war als ob die Zeit gerade ihre Relativität beweisen wollte. Die Wetterbedingungen waren unerträglich und ich hatte das Gefühl, keinen Schritt vorwärts zu kommen, teilweise kam es mir vor, dass der Gegenwind mich rückwärts trug, aber wenn ich mich umschaute, dann war das definitiv nicht mehr der Ort, den ich verlassen hatte. Das beruhigte mich, obwohl ich auch bald am Ende meiner Kräfte war. Ich setzte mich hin und weinte bitterlich. Womit hatte ich das verdient? Hatte ich die Decke nicht oft genug gepflegt oder wertgeschätzt? Oder war ihre Zeit einfach gekommen? Oder hat mir jemand die Decke heruntergerissen!? Wollte ich es nicht kommen sehen oder konnte ich es nicht kommen sehen?

Es war mühselig darüber nachzudenken, sie war weg und ich musste jetzt für meinen eigenen Schutz sorgen. Also aufstehen und weiter! Während ich diese Worte laut sagte oder zumindest dachte, sah ich am Horizont ein Licht. Ich bewegte mich weiter in Richtung dieses Lichtes und tatsächlich, es war ein kleines Lokal. Dort angekommen, öffnete ich die Türe und als erstes spürte ich die Wärme, die von innen nach außen drang. Wärme, in all ihren Facetten.

Ich ging hinein und setzte mich an einen Platz in der Ecke, um mich kurz auszuruhen und zu sammeln. Ich schaute mich um, und mir kamen viele Gesichter bekannt vor. Ich konnte mich jedoch nicht erinnern woher, aber sie waren mir eindeutig wohlgesinnt. Manche kamen an meinen Tisch und unterhielten sich mit mir. Ich erzählte ihnen, wie mir geschehen war und zu meiner großen Erleichterung, erinnerten sie sich auch an den Ort, er war also nicht nur meiner Fantasie entsprungen. Hier war da, aber nun ist es dort. Einige haben mich in der Vergangenheit sogar dort besucht, erzählten sie mir. Ich begann mich zu erinnern.

Jedoch, diesen Ort gibt es nun nicht mehr. Wohin nun, fragte ich sie und mich selbst? Manche zuckten mit den Schultern und gingen weg, andere gaben mir Adressen von Schlafmöglichkeiten, in denen ich zeitweise bleiben könne und wieder andere zeigten in Richtungen, wo es auch schöne Orte geben soll. Die Zeit verging, aber meine Gedanken blieben. Nach und nach gingen alle nach Hause. Als das Lokal schloss, war ich der letzte Gast.

Nun stehe ich wieder draußen, es ist dunkel und kalt und der Schmerz ist noch da. Aber ich bin nicht mehr verzweifelt. Ich habe es hierher geschafft. Ich werde diese Schlafmöglichkeiten aufsuchen und noch in einigen Lokalen sitzen, um mich zu wärmen und zu stärken, wenn es mir wieder zu kalt wird und ich nicht mehr kann. Vielleicht treffe ich unterwegs wieder Menschen, die ich kenne oder lerne neue kennen. Bei diesem Gedanken bekomme ich Angst und er macht mich traurig: vielleicht und neu, aber er gibt mir auch Hoffnung.

Ich breche auf.

Manchmal schließe ich auf meinem Weg die Augen und stelle mir vor, wie der Ort damals war und wie ich mich dort gefühlt habe. Ich erinnere mich an die grüne Landschaft, an den Fluss, in dem wir immer gebadet haben, an das Rascheln der Blätter im warmen Wind. Ich erinnere mich an lachende Gesichter, an Vertrautheit, Herzlichkeit und Liebe. Ich erinnere mich, dass ich mich habe fallen lassen und aufgefangen wurde. Ich war angekommen. Ich wurde zugedeckt. Werde ich jemals wieder so einen Ort finden, an dem ich mich so fühle, denke ich dann? Ich weiß es nicht, aber ich werde weiter danach suchen.