Ein langes, schweres und schmerzvolles Jahr 2020 neigt sich langsam dem Ende zu. Die meisten Menschen auf der Erde wollen dieses Jahr wohl am liebsten so schnell wie möglich hinter sich bringen und den Neustart ausrufen, aber ich bitte noch um ein bisschen Geduld, zuerst kommt noch der Blogsinn Adventskalender 2020 und damit doch noch eine gute Nachricht zum Schluss.
Ich wünsche uns allen wunderschöne 24 Türchen und einen versöhnlichen Abschied aus diesem Jahr.
Ein Plädoyer für den Zusammenhalt!
Ich erinnere mich noch, wie die Welt in meiner Kindheit aussah.
Es war nicht alles besser.
Ich erinnere mich an Diskriminierung, Rassismus und Homophobie, an Machismus und veraltete Frauenbilder.
Ich erinnere mich an Öl- und Wirtschaftskrisen.
Ich erinnere mich an Zukunftsängste und soziale Probleme.
Nein, es war keine heile Welt, aber es fühlte sich immer so an, als könnte man sie noch heilen.
Ich erinnere mich an den Mauerfall, ein Zusammenwachsen von Ländern, Umweltaktivismus, Friedensbewegungen und einen Aufbau von Rechte sowie Freiheiten.
Irgendwie war da immer das Gefühl, dass wir, wenn auch über Umwege, in die richtige Richtung steuern. Ich sah immer den Silberstreifen am Horizont.
Heute sehe ich das anders, die Zukunft der Welt fühlt sich so ungewiss an, wie nie zuvor in meinem Leben. Erstmalig in der Nachkriegszeit verdienen die Kinder weniger als ihre Eltern, ein Job in der Familie reicht selten zu mehr als zum Überleben, der Klimawandel beginnt seine ganze Wucht zu zeigen, der Glaube an die Politik ist verloren gegangen, Länder entfremden sich wieder, erkaltete Kriege werden wieder heißer, neue Konflikte entstehen, Rechte werden entzogen und die Freiheit wieder eingeschränkt.
Ich sehe eine fortschreitende Spaltung unserer Gesellschaft und verhärtete Fronten!
Ich sehe Christen gegen Muslime!
Ich sehe eine visionslose, populistische und opportunistische PolitikerInnenkaste.
Ich sehe ausufernden neoliberalen Kapitalismus!
Ich sehe die exorbitante Macht des Kapitals wie der Großunternehmen!
Ich sehe eine steigende Kluft zwischen Arm und Reich sowie die Manifestierung des Besitzes!
Ich sehe „Bobos“ gegen „Proleten“.
Ich sehe traditionelle Medien gegen soziale Medien.
Ich sehe Terroranschläge!
Ich sehe Klimakatastrophen und Wasserknappheit!
Ich sehe steigende Arbeitslosigkeit und abgehängte Jugendliche!
Ich sehe Chancenungleichheit!
Ich sehe immer mehr psychische Erkrankungen!
Ich sehe Frustration, Verärgerung und Wut!
Ich sehe Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit!
Ich sehe… nein, ich sehe ihn nicht mehr, den Silberstreifen am Horizont!
Wissen wir eigentlich noch, dass Frieden, Freiheit und Demokratie keine Naturgesetze sind?
70 Jahre Nachkriegszeit sind ein Sandkörnchen in der Menschheitsgeschichte. Schon morgen könnte alles vorbei sein.
Und nun stellt uns Covid-19 mit allen kurz-, mittel,- und langfristigen Folgen auf eine sehr große, vielleicht sogar finale Probe. Auf dem Spiel steht „unsere“ Welt und „unsere“ Wertegemeinschaft.
Wird unsere Geschichte hier enden? Ist unsere Zeit bald nur noch eine Historienserie auf Netflix? Noch haben wir es wohl in der Hand, aber wenn wir jetzt nicht beginnen Hände zu reichen, werden wir irgendwann wieder zu den Waffen greifen. Der Point of no Return ist gefühlt sehr nahe. Wenn wir wollen, dass auch die Kinder unserer Erde in einer friedlichen Welt aufwachsen dürfen, dann müssen wir dafür kämpfen. Aber nicht gegeneinander, sondern miteinander.
Es ist keine Floskel und wird es niemals sein:
Alle Menschen sind – innerhalb ihrer Gesellschaftsstrukturen – gleich.
Wir alle wollen in Frieden und Freiheit leben.
Wir alle wollen, dass es unseren Lieben gut geht.
Wir alle wollen Sicherheit.
Wir alle wollen Gesundheit.
Wir alle wollen Respekt.
Wir alle wollen freundlich und ehrlich behandelt werden.
Wir alle wollen glücklich sein.
Wir alle wollen leben und haben Angst vor dem Tod.
Wir alle wollen geliebt werden.
Bewerten wir Menschen nicht danach, woher sie kommen, woran sie glauben, wie sie aussehen, wie gebildet sie sind, was sie wählen, was sie schauen, was sie hören, was sie lesen, was sie essen, was sie fahren, was sie tragen, sondern was sie sagen. Reden wir mit ihnen. Fragen wir sie. Nehmen wir einander ernst.
Wir dürfen streiten, wir müssen sogar streiten, aber wir sollten einander immer respektieren und akzeptieren. Wir sitzen im gleichen Boot und wenn es bricht, gehen wir alle gemeinsam unter. Solidarität ist gefordert!
Solidarität für gefährdete Menschen in der Coronakrise!
Aber auch Solidarität für die sozial Schwachen, Bedürftigen und Besitzlosen!
Solidarität mit Nachbarländern (und allen Ländern)!
Solidarität mit geflüchteten Menschen!
Solidarität mit Minderheiten und Diskriminierten!
Solidarität mit Andersdenkenden und Andersgläubigen!
Solidarität mit unserer Erde und ihren Lebewesen!
Solidarität mit allen, die unsere Solidarität brauchen!
Ich bin dankbar in dieser friedlichen und freien Zeit leben zu dürfen und betrachte es als Privileg, welches so wenige Menschen vor mir hatten bzw. auch heute noch immer nicht haben. Deshalb werde ich für unsere Werte, den Zusammenhalt, den Frieden und die Freiheit aller bis zum Schluss kämpfen. Ich möchte ihn nämlich wieder sehen, den Silberstreifen am Horizont. Und wer möchte, kann sich mir anschließen, am Ende können wir es ohnehin nur gemeinsam schaffen.
„Ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.“ (Voltaire)