Durch meine Freundin habe ich während der letzten zwei Jahre viele bereichernde Eindrücke in die katalanische Kultur erhalten. Wie überall in Europa, wird auch in Katalonien demnächst das Weihnachtsfest gefeiert, und zwar am 25. Dezember. Überall in Spanien bringen dann am 6. Jänner (bzw. am Vorabend) die „Heiligen Drei Könige“ (genaugenommen deren Pagen) die Geschenke in die Häuser.
In Katalonien gibt es zu Weihnachten noch eine andere, Jahrhunderte alte Tradition mit heidnischen Wurzeln, im Rahmen derer die Kinder auch schon kleine Geschenke erhalten: Es handelt sich dabei um den „Tió de Nadal“:

Der Tió ist ein kleiner Holzstamm bzw. Holzklotz, welcher in der Adventzeit (meist am 8. Dezember) in katalanischen Haushalten aufgestellt wird. Das klingt zunächst einmal etwas ungewöhnlich, wird es aber bei genauerem Hinsehen noch mehr.
Meist stützt sich der Tió auf zwei kleine Beinchen und schaut mit seinem aufgemalten Gesicht unter einer Decke hervor, welche ihn vor Kälte schützen soll. Über seinem Gesicht trägt er eine traditionelle, katalanische Mütze, die „Barretina“.
Während der Adventzeit füttern die Kinder den Tió mit kleinen Mahlzeiten, z.B. Mandarinen. Am 24.12. ist es dann soweit: Der Tió hat genug zu Essen bekommen und kann endlich seine Aufgabe erfüllen, nämlich Geschenke zu „produzieren“. Damit er dies auch ganz bestimmt tut, wird der Verdauung des Tió mit Stockschlägen nachgeholfen. Dazu wird immer auch ein Lied gesungen („la cançó de Tió“), welches sich von Region zu Region unterscheidet, aber meistens den Ausruf „Caga Tió!“ enthält.
Nachdem der Tió mit schlagkräftiger Unterstützung dann sein Geschäft verrichtet hat, wird das Tuch gehoben und alle freuen sich, denn es „riecht nach Geschenken“.
Die Geschenke unter das Tuch zu schieben und die Kinder abzulenken kann auf verschiedene Weise erreicht werden. Oft sind die Kinder in einem anderen Raum und singen Weihnachtslieder vor einer Krippe, bevor sie dann zum Tió gehen.
Mit diesem Einblick in das katalanische Weihnachtsfest wünsche ich euch schöne Feiertage und „Bon Nadal“!