Zugegebenermaßen, Marcel musste mich etwas überreden bis ich mir heuer doch wieder ein Türchen zuteilen habe lassen. Nicht, dass es mir letztes Jahr keinen Spaß gemacht hätte, ich finde die Idee sogar großartig, aber im Vorfeld stellt sich bei mir dann doch eine Art von Druck ein: Ich lese die ersten Türchen, die interessanten Texte und bin mit dem eigenen Türchen und einer latenten Ratlosigkeit konfrontiert.
Bis vor kurzem habe ich meine Idee, eine Streitschrift darüber zu verfassen, warum der Weihnachtshase das einzig Logische ist und sowohl Weihnachtsmann als auch Christkind logische Schwachstellen aufweisen – wie wurde aus dem Jesuskind ein Engerl, das Geschenke verteilt und woher hat dieser Weihnachtsmann einen fliegenden Schlitten?!, wohingegen der Hase, wenn er doch zu Ostern schon die Eier oder Geschenke versteckt, natürlich zu Weihnachten genauso gut Geschenke bringen kann,… – für äußerst spannend und erörterungswürdig gehalten. Kurzfristig habe ich mich dann aber doch dazu entschlossen, diesem Thema erst beim nächstjährigen Adventkalender mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Dazu bewogen hat mich, unter anderem, dieses Wochenende, das ich in St. Pölten, meiner Heimatstadt, verbracht habe. Ich wohne zwar schon seit über 10 Jahren in Wien, dennoch ist es per se nichts Außergewöhnliches, dass ich dort war, nachdem das zumindest alle paar Wochenenden der Fall ist. Am Samstag war ich bei einer meiner besten Freundinnen zum Frühstück eingeladen, danach einkaufen mit meiner Mutter und am Abend waren wir auch bei engen Freunden zum Essen eingeladen. Am Sonntag trafen wir uns wiederum mit einigen unserer längsten und engsten Freundinnen und Freunde zum Brunchen in der Stadt. Auch das ist nichts allzu Ungewöhnliches. Wenn ich bzw. mein Freund und ich in St. Pölten sind, versuchen wir, neben unseren Familien, auch immer einige unserer Freundinnen und Freunde zu treffen (die meisten davon leben (wieder) in St. Pölten).
Am Samstag meinte meine Freundin, als ich in der Früh zu ihr kam, wie erstaunlich und erfreulich es ist, dass wir seit über 20 Jahren befreundet sind.
Das ist es tatsächlich.
Die meisten meiner besten und engsten Freundinnen und Freunde kenne ich seit über 20 Jahren oder zumindest fast so lange. Wir kennen uns eigentlich fast ausschließlich dadurch, dass wir, zumindest für eine gewisse Zeit, gemeinsam in einer Klasse waren – die Fluktuation war mitunter hoch – und praktisch zufällig zusammengewürfelt wurden. Aber wer von uns hätte vor so langer Zeit gedacht, dass unsere Freundschaft auch über die Schulzeit bzw. unterschiedliche Schulklassen hinweg halten wird?
Wir waren teilweise oder zeitweise über weite Strecken getrennt wie Australien und Österreich, England und Österreich oder auch durch kurze Strecken wie Steyr und Krems oder St. Pölten und Wien. Wir haben lange und kurze Urlaube miteinander verbracht und machen das nach wie vor. Früher haben wir uns jeden Tag in der Schule gesehen oder sind zumindest an den Wochenenden gemeinsam fortgegangen. Jetzt sehen wir uns vielleicht nicht mehr so oft, aber feiern die größeren Dinge wie Hochzeiten, Geburtstage oder Taufen miteinander, feiern Weihnachten und Ostern oder nutzen die Gelegenheit, dass wir uns gerade in der selben Stadt befinden. Zu unserem Freundeskreis sind in Form von Partnerinnen oder Partnern langsam neue Leute dazugekommen, die ich ebenso als Freundinnen und Freunde bezeichnen kann, genauso wie sich auch innerhalb unseres Freundeskreises Partnerschaften gebildet haben, wie glücklicherweise auch in meinem Fall.
Über diese lange Zeit hinweg haben wir uns sicher alle verändert, wir sind älter geworden, unsere Einstellungen und Prioritäten haben sich vielleicht etwas geändert, erstaunlicher- und glücklicherweise hat das aber nichts an unserer Freundschaft geändert.
Oft lebt man ja in sowas wie einer Blase und erst ein Schritt zurück, quasi auf die Metaebene, macht mir bewusst, was ich eigentlich habe und dass das nicht selbstverständlich ist.
Aber natürlich ist das nicht Exklusiv.
Auch Familie, Partnerinnen oder Partner, so wie auch neue Freundinnen und Freunde, die man vielleicht vergleichsweise kurz kennt, sieht man oft als selbstverständlich an. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass man sie nicht zu schätzen weiß.
Von Zeit zu Zeit ist es dennoch gut, sich das auch zu sagen. Manchen Menschen fällt so etwas sicher leichter als anderen. Ich würde mich tendenziell eher zur zweiten Kategorie zählen und sehe daher mein heutiges Türchen als kleines Plädoyer (auch an mich selbst), den Menschen, die einem wichtig sind und für die man dankbar ist, das auch von Zeit zu Zeit zu sagen bzw. zu zeigen,.. aber nicht zwingend nur, weil gerade Weihnachten ist.
Was für ein schöner Text. So unpathetisch und gleichzeitig fast ein wenig spannend beschrieben. Hat mir sehr gut gefallen!
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[…] Jahr ist es nun endlich so weit. Wie in Türchen Nr. 10, 2018 angekündigt, werde ich die Geschichte vom Weihnachtshasen erzählen. Wie jede gute Geschichte […]
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